In der modernen Arbeitswelt ist die Fähigkeit, den Chef effektiv zu überzeugen und zu beeinflussen, eine wahre Kunst. Hast du schon einmal erlebt, dass du eine kühne, innovative Idee einem Chef unterbreitet hast, der von Anfang an resistent zu sein schien, nur um später festzustellen, dass seine Vorliebe für bewährte, traditionelle Methoden das eigentliche Hindernis war? Oder hast du schon einmal versucht, eine Entscheidung mit schnellen, energiegeladenen Diskussionen durchzusetzen, die allerdings bei einer zurückhaltenden und nachdenklichen Chefin zu weiterem Rückzug führten?
Diese häufigen Fallstricke verdeutlichen die Grenzen eines pauschalen Ansatzes zur Überzeugung. Wenn wir die einzigartige Persönlichkeit unserer Führungskräfte verstehen, kann das den Ausschlag zu unseren Gunsten geben. Wenn du die Persönlichkeitsmerkmale deines Chefs kennst, kannst du Gespräche und Vorschläge so gestalten, dass sie den persönlichen und beruflichen Neigungen besser entsprechen. Letztendlich kann dies zu einer besseren Kommunikation und erfolgreicheren Ergebnissen führen. Deshalb ist ein Blick auf die Big Five hilfreich.
Das Big Five Model
Die Persönlichkeitsforschung ist ein grundlegender Aspekt der Psychologie, bei dem es darum geht, herauszufinden, was jeden Menschen individuell ausmacht. Unter den verschiedenen Modellen, die zum Verständnis der Persönlichkeit vorgeschlagen wurden, bringt das Big Five Modell, auch bekannt als Fünf-Faktoren-Modell, sowohl Klarheit als auch empirische Unterstützung. Dieses Modell unterteilt die Persönlichkeit in fünf Hauptdimensionen:
- Offenheit,
- Gewissenhaftigkeit,
- Extraversion,
- Verträglichkeit,
- Neurotizismus.
Zusammengenommen bieten sie einen soliden Rahmen für die Beschreibung und das Verständnis menschlichen Verhaltens und individueller Unterschiede. Ausgehend von der lexikalischen Hypothese, die besagt, dass sich alle bedeutenden Persönlichkeitsmerkmale in der Sprache widerspiegeln sollten, wurden die Big Five in den 1980er Jahren durch eine rigorose Faktorenanalyse ermittelt. Seitdem wurden sie durch eine Fülle von psychologischen Untersuchungen bestätigt.
Wenn du herausfindest, in welche dieser Dimensionen deine Führungskraft fällt, kannst du deine Kommunikations- und Überzeugungsstrategien besser auf ihre Persönlichkeit abstimmen. Somit erhöhst du deine Chancen auf ein positives Ergebnis.
In diesem Artikel erfährst du, wie du die wichtigsten Persönlichkeitsmerkmale deiner Führungskraft im täglichen Umgang mit ihr erkennen und deine Überzeugungsansatz entsprechend anpassen kannst. Von der Präsentation von Ideen bis zur Verhandlung von Bedingungen lernst du, wie du die subtilen Nuancen der Persönlichkeit nutzen kannst, um in jedem beruflichen Szenario überzeugender zu sein.
Hier findest du einige Möglichkeiten und anschauliche Beispiele für jede Persönlichkeitsdimension:
1. Offenheit für Erfahrungen
Die Dimension Erfahrungsoffenheit misst das Ausmaß, in dem eine Person einerseits offen für neue Erfahrungen, kreative oder unkonventionelle Ideen und ästhetisches Empfinden ist oder andererseits Vorhersehbarkeit, Bewährtes und die Fortführung von Bewährtem bevorzugt. Personen mit einem hohen Grad an Offenheit sind in der Regel neugierig, kreativ und bereit, Neues zu erkunden. Sie denken oft unkonventionell und interessieren sich für Kunst, Abenteuer und ungewöhnliche Ideen. Im Gegensatz dazu bevorzugen diejenigen am anderen Ende der Offenheitsskala Vertrautheit gegenüber Neuem und sind eher auf die Aufrechterhaltung eines (Arbeits-)Status quo ausgerichtet.
Offenheit für Erfahrungen äußert sich oft in einer Führungskraft, die innovative und kreative Lösungen schätzt. Einem Chef mit hoher Offenheit kannst du beispielsweise ein neuartiges Projektmanagement-Tool durch eine dynamische Präsentation vorstellen. Dies entspricht seiner Vorliebe für Neuerungen und Innovationen. Wenn deine Führungskraft dagegen weniger offen ist und bewährte Methoden bevorzugt, ist es vorteilhaft, die Zuverlässigkeit und die nachweisliche Erfolgsbilanz deiner Vorschläge zu betonen. Du könntest beispielsweise hervorheben, wie ein neues Tool die bestehenden Protokolle ergänzt und gleichzeitig neue Effizienzgewinne bringt.
2. Gewissenhaftigkeit
Gewissenhaftigkeit bewertet, wie organisiert, sorgfältig und verantwortungsbewusst eine Person ist. Personen mit hoher Gewissenhaftigkeit sind diszipliniert, zuverlässig und planen ihre Aufgaben und Projekte sorgfältig, obwohl dies auch zu Mikromanagement oder Starrheit führen kann. Personen mit geringerer Gewissenhaftigkeit können flexibler und spontaner sein, neigen aber dazu, weniger strukturiert und manchmal nachlässig zu sein.
Gewissenhaftigkeit bei einer Führungskraft bedeutet also, dass sie Wert auf Organisation, Details und ein strukturiertes Vorgehen legt. Für eine solche Führungskraft kann die Ausarbeitung eines detaillierten Vorschlags mit klaren Zeitplänen und gründlichen Daten sehr überzeugend sein. Wenn du dich zum Beispiel um zusätzliche Ressourcen bemühst, kann ein gut organisiertes Dokument, in dem die Vorteile anhand von Daten und Fallstudien dargelegt werden, diese Anforderungen erfüllen. Hingegen könnte es für einen Chef, der weniger Wert auf akribische Details legt, effektiver sein, die Flexibilität und die strategische Vision deines Plans zu betonen und hervorzuheben, wie er Innovation und Anpassungsfähigkeit innerhalb des organisatorischen Rahmens ermöglicht. Und ganz wichtig: Gehe bei einer Führungskraft, die wenig gewissenhaft ist, nicht unaufgefordert ins Detail – bleibe bei groben Zügen.
3. Extraversion
Extraversion bezieht sich auf den Grad, in dem jemand energisch, gesellig und emotional ausdrucksstark ist. Extrovertierte Menschen sind oft gesprächig, energiegeladen und suchen aktiv die soziale Interaktion. Sie stehen gerne im Rampenlicht und fühlen sich in Gruppen wohl. Im Gegensatz dazu sind introvertierte Personen, die am anderen Ende dieser Dimension stehen, lieber allein, hören eher zu als zu sprechen und sind in sozialen Situationen zurückhaltender, insbesondere bei neuen Leuten oder größeren Gruppen.
Am besten bindest du eine extrovertierte Führungskraft in Diskussionen und lebhafte Präsentationen ein, die ihrer Geselligkeit und ihrer Vorliebe für Interaktion entsprechen. Wenn du beispielsweise eine neue Plattform für die Zusammenarbeit im Team einführen möchtest, könntest du eine Live-Demo-Sitzung organisieren, an der die extrovertierte Chefin aktiv teilnehmen und die Vorteile aus erster Hand erfahren kann. Für einen introvertierten Chef hingegen könnte ein detailliertes schriftliches Dokument, das im Voraus verschickt wird, besser geeignet sein, um vor einem persönlichen Treffen Zeit zur Überprüfung und Reflexion zu haben.
4. Verträglichkeit
Die Verträglichkeit spiegelt wider, wie freundlich, kooperativ und mitfühlend eine Person anderen gegenüber ist. Hochverträgliche Menschen sind im Allgemeinen warmherzig, freundlich und bereit, anderen zu helfen, auch wenn es sie selbst etwas kostet. Sie legen Wert auf Harmonie und sind bei Konflikten oft zu Kompromissen bereit. Dagegen sind Personen mit geringerer Verträglichkeit oft direkter, skeptischer gegenüber den Absichten anderer, eher bereit, andere zu konfrontieren, wenn sie es für nötig halten, und für ihre eigenen Bedürfnisse und Überzeugungen einzustehen.
Wenn deine Führungskraft Wert auf Zusammenarbeit und Harmonie legt, betone am besten, wie ein Vorschlag die Zusammenarbeit im Team und die Arbeitsmoral verbessert. Wenn du zum Beispiel Änderungen an den Teamstrukturen oder Arbeitsabläufen vorschlägst, konzentriere dich darauf, wie diese Änderungen ein kollaboratives und unterstützendes Umfeld fördern werden. Im Ergebnis wird das einen sehr verträglichen Chef wahrscheinlich ansprechen. Denke auch daran, dass ein sehr verträglicher Chef dir möglicherweise kein klares „Nein“ gibt, weil er dich nicht enttäuschen möchte. Wenn du also kein klares „Ja“ erhältst, solltest du nachhaken und klären, ob das „Mal sehen, wie es weitergeht“ ein sanftes „Nein“ war oder um eine Einladung, die Sache zu überdenken. Wenn deine Führungskraft dagegen weniger zustimmungsfähig ist, könnte es überzeugender sein, sich auf die Wettbewerbsvorteile deines Vorschlags zu konzentrieren und darauf, wie er mit den Unternehmenszielen in Einklang steht. Bereite dich außerdem auf anspruchsvollere und direktere Fragen deiner Führungskraft vor.
5. Neurotizismus
Neurotizismus misst die emotionale Stabilität und die Reaktion auf Stress. Personen mit hohem Neurotizismus-Wert erleben häufiger Gefühle von Angst, Wut oder Depression und können in Stresssituationen emotional instabil sein. Sie neigen dazu, empfindlicher auf negative Reize zu reagieren. Menschen mit niedrigem Neurotizismus-Wert sind in der Regel ruhiger, emotional stabiler und stressresistenter.
Einer Führungskraft mit hohem Neurotizismus solltest du also eher beruhigend zureden und in deinen Vorschlägen Stabilität und Unterstützung betonen. Gehe am besten proaktiv auf mögliche Bedenken ein, um Ängste abzubauen. Wenn du zum Beispiel neue Marktstrategien vorschlägst, solltest du Risikobewertungen und Notfallpläne mit einbeziehen. Bei einer Chefin wiederum, die emotional stabil und unter Druck ruhig ist, sind direkte, faktenbasierte Argumente und eine klare Darstellung der Vorteile und Risiken wahrscheinlich wirksam.
Die Persönlichkeit deiner Führungskraft mit den Big Five verstehen
Wenn du die Persönlichkeit deines Chefs anhand des Big-Five-Persönlichkeitsmodells verstehst, kannst du deine Kommunikations- und Überzeugungskraft am Arbeitsplatz deutlich verbessern. Entsprechen erhöhst du die Wahrscheinlichkeit, dass deine Vorschläge positive aufgenommen werden, indem du deine Strategien auf die spezifischen Persönlichkeitsmerkmale deines Chefs abstimmst. Letztendlich kannst du deine deine beruflichen Ziele so leichter erreichen.
Auch wenn die Konzentration auf Persönlichkeitsmerkmale eine solide Grundlage für die Verbesserung deiner Überzeugungsarbeit darstellt, ist es wichtig zu erkennen, dass auch andere Faktoren eine wichtige Rolle bei der effektiven Kommunikation spielen. Dazu gehören die Unternehmenskultur, der spezifische Kontext der Interaktion, das eigentliche Thema, von dem du deine Führungskraft überzeugen willst, frühere Erfahrungen und die emotionale Verfassung sowohl von dir als auch deiner Führungskraft zum Zeitpunkt der Kommunikation.
Crispy Tipps für die Big Five
Trotz dieser komplexen Zusammenhänge ist es am sinnvollsten, mit einem Verständnis über die Persönlichkeit deiner Führungskraft zu beginnen. Damit legst du einen Grundstock für eine wirksame Interaktion und kannst deine Strategien an unterschiedliche Situationen und zusätzliche Einflussfaktoren anpassen.
Wir empfehlen, diese Erkenntnisse zu beobachten und in deine täglichen Interaktionen einzubeziehen. Beginne damit, ein oder zwei Eigenschaften zu identifizieren, die in der Persönlichkeit deiner Führungskraft am stärksten ausgeprägt sind. Versuche dann, deine Vorgehensweise entsprechend anzupassen. Achte genau auf die Reaktionen und verfeinere deine Strategie mit der Zeit.
Im Ergebnis können wir festhalten: Wenn du in der Lage bist, dich an die Persönlichkeit deiner Führungskraft anzupassen und dich auf sie einzustellen, erhöht sich nicht nur deine Überzeugungskraft, sondern es entsteht auch eine stärkere, respektvollere und für beide Seiten vorteilhafte Beziehung.
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Weitere Literatur:
- Goldberg, L. R. (1990). „An alternative ‚description of personality‘: The Big-Five factor structure.“ Journal of Personality and Social Psychology, 59(6), 1216-1229.
- Costa, P. T., & McCrae, R. R. (1992). „Revised NEO Personality Inventory (NEO-PI-R) and NEO Five-Factor Inventory (NEO-FFI) professional manual.“ Odessa, FL: Psychological Assessment Resources.
- Judge, T. A., & Bono, J. E. (2001). „Relationship of core self-evaluations traits—self-esteem, generalized self-efficacy, locus of control, and emotional stability—with job satisfaction and job performance: A meta-analysis.“ Journal of Applied Psychology, 86(1), 80-92.
- Barrick, M. R., & Mount, M. K. (1991). „The Big Five personality dimensions and job performance: A meta-analysis.“ Personnel Psychology, 44(1), 1-26.
- Robins, R. W., Tracy, J. L., Trzesniewski, K., Potter, J., & Gosling, S. D. (2001). „Personality correlates of self-esteem.“ Journal of Research in Personality, 35(4), 463-482.
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